Lew Tolstoi, 1828-1910, ist einer der bedeutendsten russischen Autoren, der mit seinen Werken wie Krieg und Frieden oder Anna Karenina als Klassiker des realistischen Romans gelten. Wie der Protagonist Lewin in Tolstiois Roman Anna Karenina, verwaltete der adlige Schriftsteller das geerbte Familiengut und versuchte, durch Reformen die Lebens- und Arbeitsbedingungen der rund 350 Leibeigenen und der mitarbeitenden Bauern zu verbessern. Nach Reisen in westeuropäische Länder griff er dort auch die von Rousseau initiierten pädagogische Neuerungen auf und führte sie, sobald er zurückkehrte, mit der Gründung von Dorfschulen zuhause ein. Seine sozialpolitischen Anstrengungen und der schriftstellerische Ruhm über die Grenzen Russlands hinaus können dennoch eine tiefe Krise nicht verhindern. Tostoi wendet sich religionsphilosophischen Fragen zu, die in seiner Schriften Kirche und Staat, Was darf ein Christ und was nicht? Ausdruck finden. Seiner tiefen Abneigung gegen die Institution Kirche stellt er die reine Lehre Jesu entgegen und wird für diese Ansichten schließlich 1901 von der Heiligen Synod exkommuniziert. Mahatma Ghandi, der ihm eine Schrift gegen den Kolonialismus zuschickte, ermutigt Tolstoi in einem Brief. Die 1910 von Ghandi und seinen Anhängern gegründete Siedlung wird nach dem russischen Schriftsteller benannt. Er stirbt 1910 nach einer Zugfahrt in den Süden an einer Lungenentzündung.